Die Stadttaube ist einer der erfolgreichsten Kulturfolger und aus keinem Stadtbild wegzudenken. Aus Angst vor der Übertragung von Krankheiten soll das nun anders werden.
Aufgrund der wachsenden Verstädterung wird eine Verachtfachung der Taubenfamilie weltweit, auf 400 Millionen Individuen erwartet.
Bei zwölf Kilo Fäkalien pro Vogel und Jahr fallen künftig rund fünf Millionen Tonnen Exkremente auf unsere Köpfe und Kulturstätten. Für Kommunalpolitiker und Hygieneexperten ein Horrorszenario, das Anfang November 2007 auf einem Taubenkongress im schönen deutschen Essen entworfen wurde.
Den Umstieg vom Brutvogel in Felswänden zur Stadtbewohnerin schaffte die Felsentaube, als im Mittelalter die ersten hohen Gebäude errichtet wurden und sie in den Ausscheidungen von Pferden eine Nahrungsgrundlage fand. Die stark wachsende Zahl der Tauben wurde zum Problem und die Taube schaffte den negativen Imagewandel von himmlischen Getier mit Olivenzweig im Schnabel zur Ratte der Lüfte.
- 1 Million Tauben in New York.
- 1 Million Tauben in Venedig (3 Tauben pro Einwohner).
- 150.000 Tauben in Wien (10 Einwohner auf 1 Taube).
Der Mensch ist in seiner Bosheit erfinderisch. Netze, Stacheln, Antibaby-Pille, Vergiftung, Erschießung, Sprengen, elektrischer Stuhl. Der Erfolg ist dennoch bescheiden.
Jetzt probiert man es anders: Wo die Keule nichts nutzt, dort wird Zuckerbrot eingesetzt. In Wien sollen eigens errichtete Taubenkobel die Taubenfamilien aus den Städten locken, Verbannung an den Stadtrand bei freier Kost und Logis. Doch schon regt sich der neidgetriebene und animalsoziophobe Widerstand menschlicher Zeitgenossen.
Doch woher rührt die plötzliche Angst vor dem Federvieh wirklich?
Sind Allergien, seltene übertragbaren Krankheiten und gesundheitsgefährdende Bakterien tatsächlich der Grund, warum Herrscher aller Länder nun dringenden Handlungsbedarf sehen?
Zahllose Treffer im Web belegen die Panikmache. Pilger auf der Haj nach Mekka sollen von den Tauben tödlich bedroht sein.
Zufällig oder nicht: Der Feldzug gegen die Taube entstand just in dem Moment als Bundestrojaner, Online-Durchsuchung und Handyortung die rechtsstaatlichen Errungenschaften der bürgerlichen Revolution 1848 nachhaltig in Frage zu stellen begannen.
Warum verboten 1938 die Nationalsozialisten jüdischen Mitbürgern die Haltung von Tauben?
Warum verboten die Taliban in Afghanistan der Bevölkerung die Haltung von Tauben?
Und: Warum sehen User als möglichen oder tatsächlichen Schutz vor überzogener staatlicher Kontrolle der elektronischen Medien allen Ernstes wieder die gute alte Brieftaube?
Tauben haben außerordentliche Orientierungsfähigkeiten, die bis heute unerforscht blieben. Das machten sich im 1. Weltkrieg die Militärs zunutze: Cher Ami rettete nicht nur viele Menschenleben – Cher Ami wurde auch zum Kriegshelden mit zahlreichen, auch posthumen, Dekorierungen! Cher Ami verstarb 1919 viel zu früh an den Folgen der Kriegsverletzungen.
Mehr demnächst!