Portbou

Für uns eine Reise übers Meer. Für andere eine Reise übers Land und die Berge.

Portbou, ein kleiner spanischer Ort an der französischen Grenze, eingebettet auf drei Seiten von den östlichen Ausläufern der Pyrenäen. Auf der vierten Himmelsrichtung begrenzt von einer kleinen Bucht.
Portbou bietet dem Reisenden nicht viel. Der über dem Ort liegende großzügig dimensionierte Bahnhof dominiert Portbou. Seine Überdachung, eine beeindruckende Stahlkonstruktion, wird wenigstens im iberischen Frühling von einfallenden Starenschwärmen, die sich auf ihren saisonalen Migrationsbewegungen in den reichen Norden befinden, des Nächtens genuetzt.

Schengen-Europa macht’s möglich. Keine Reisedokumente von Wien bis Barcelona, keine Grenzkontrolle von Barcelona bis Portbou. Neben der Abreise hat der Fremde in Portbou exakt zwei Möglichkeiten:

  1. Den Einkauf großvolumiger und hochprozentiger französischer Kräuterschnäpse und
  2. sich in der Landschaft die Beine zu vertreten.

Entscheidet man sich für den erbaulichen Spaziergang zwischen blühendem Rosmarin, Lavendel und Ginster, darf empfohlen werden: Die Mitnahme guten Schuhwerks, eine ausreichende Portion Wasser, und fuer die Guardia Civil ein gültiger Reisepass für die Dokumentation des legalen Aufenthalts.

Um der sicheren Ermordung zu entgehen, betraten viele vor dem Nazi-Regime Flüchtende den bereits francistischen spanischen Boden in Portbou.

1940 versuchte Walter Benjamin, über Spanien in die USA zu flüchten. Wegen der illegalen Ausreise aus dem faschistischen Vichy-Frankreich drohte die Rückschiebung. Benjamin sah keine Alternative als den Selbstmord.

Der Reiseverlag Michael Müller, Thomas Schröder, Costa Brava (2006) nennt Benjamins Selbsttötung einen „Freitod“.

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