„Der demokratische Vertrag mit den Wähler_innen wurde in vielen Ländern gebrochen, und die Regierungen müssen auf ihre Bevölkerung hören, da sonst die Gefahr einer erhöhten politischen und wirtschaftlichen Instabilität droht“, konstatiert Sharan Burrow von der International Trade Union Confederation.
Armin Thurnher, Chefredakteur des Wiener Falter, sieht in seiner Kolumne Seinesgleichen geschieht, nicht den Rückbau der demokratischen Verfassung auf einen präautoritären Staat, sondern den Klimawandel als den Motor für soziale Unruhen: „Und er (der Klimawandel) bringt, da unser System es nicht schafft, das Wirtschaftssystem auf demokratischen Weg zu reformieren, ein Ansteigen nicht nur der physischen, sondern auch die Zunahme der politischen Temperatur.“ „2020 soll es zu Revolutionen kommen, die sich denen von 1848 vergleichen lassen“, zitiert Thurnher Karl Wagner vom Club of Rome.
Nach einer aktuellen Umfrage des Internationalen Gewerkschaftsbunds glauben 67% der Befragten, dass internationale Banken und Finanzinstitutionen zu viel Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen der Regierungen haben. Hingegen glauben 67%, dass die Wähler_innen nicht genug Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen haben.
Diese Umfrage repräsentiert die Meinung von einem Fünftel der gegenwärtigen Weltbevölkerung.
Das Scheitern der Demokratien
„Die Demokratien scheitern gerade daran, ihr Wirtschaftssystem zu reformieren, das dem demokratischen Ideal der Gleichheit entspricht“, analysiert Armin Thurnher und übersieht dabei geflissentlich, dass kapitalistische Demokratien never ever diesem „demokratischen Ideal der Gleichheit“ entsprechen wollten.
Da will man sich Georg Lukács erinnern, der 1946 schrieb: „Nur wenn alle realen Formen der Abhängigkeit des Menschen vom Menschen, der Ausbeutung und Unterdrückung des Menschen durch den Menschen, der gesellschaftlichen Ungleichheit und Unfreiheit verschwinden, kann von Demokratie gesprochen werden. Es muß also eine Freiheit und Gleichheit erreicht werden, ohne Rücksicht auf Nationalität, Rasse, Geschlecht etc.“.
Lukács würde heute wohl schreiben: Ohne Rücksicht auf oktroyierte Differenzen.
Was tun? „Raus mit den Zähnen.“ (Ruedi Widmer)
Lesetipp:
Revolutionäres Denken – Georg Lukács, Eine Einführung in Leben und Werk, Hsg. Frank Benseler, Luchterhand, 1984.
Armin Thurnher, Der Hang zum Autoritären und die Liebe zur direkten Demokratie, Falter 23/12.
Ruedi Widmer, Raus mit den Zähnen! Über die finale Lösung der Finanzkrise, WOZ, Nr. 26.