„Wird eine Spitzelgeschichte herrschaftskonform publiziert, kommt sie im Gewande eines Kriminalfalls daher. Die angeblichen Täter:innen werden vorgeführt, das unterstellte Verbrechen findet im Spitzelbericht seine Bestätigung und die sonst nicht sichtbaren Herrschaftsorgane im Spitzel selbst ihre Verkörperung.“
Markus Mohr, Klaus Viehmann
Das Spitzelwesen im Europa des 3. Jahrtausends unterscheidet sich durch nichts von Diktaturen und anderen autoritären Regimes. Das scheint niemanden wirklich zu stören. Ordentliche Bürger:innen freuen sich allenthalben über das versprochene Mehr an Sicherheit, das von Sozialen Bewegungen ernstlich oder vorgeblich bedroht wird. Gegen die Bespitzelung der Polizei durch verdeckte Ermittler:innen ist kein Rechtsmittel vorgesehen. Verdeckte Ermittler:innen müssen sich am Ende ihres vorgetäuschten Lebens bei den von ihnen Betrogenen weder entschuldigen, noch müssen sie sich danach erklären, wer sie eigentlich wirklich sind.
Der demokratische Rechtsstaat ist der Ansicht, über Personen, die er als „Gefährder:innen“ einstuft, obwalten zu können, als sei er könig:innengleich: Intransparent, willkürlich und an- bzw. verleitend. Umso bemerkenswerter ist es, wenn eine vom Staat missbrauchte Person vor Gericht zieht und Gerechtigkeit und – soweit möglich – Wiedergutmachung einfordert. Wie es der Aktivist Jason Kirkpatrick gerade in Schwerin versucht. Was dieser Versuch mit den Kill The Bill-Riots und dem dystopischen Überwachungsstaat zu tun hat?
Polizeispitzel sind Ausdruck eines totalitären Staates, zitierte die Wiener Gesellschaft für Menschenrechte von Marginalisierten und MigrantInnen, GEMMI, den Innsbrucker Univ. Prof. Andreas Venier. GEMMI zeichnet in dem Buch 1000 Jahre Haft, Operation Spring und institutioneller Rassismus die Geschichte nach, wie es zu der erschreckenden polizeilichen Repression gegen die Schwarze Community Wiens kommen konnte.
„Mit Panikmache wurde durchgesetzt, dass besondere Ermittlungsmethoden (Rasterfahndung, Lauschangriff, verdeckte Ermittlung inkl. neuer Identität der Fahnder und KronzeugInnenregelung) für Verbrechen mit Strafen über 10 Jahren angewandt werden dürfen. […] Organisierte Kriminalität (§ 278a) als juristischer Tatbestand, ist in Österreich seit 1.3.1993 in Kraft, EU-weit wird sie seit 1985 polizeilich und juristisch vorbereitet.
In der SGG-Novelle 1980 wurde der Begriff der „verdeckten Fahndung“ eingeführt. Der Gesundheitsausschuss des Nationalrates plädierte für die Einführung der verdeckten Ermittlung im Bereich der Suchtgiftkriminalität. Die Grenze zwischen verdeckten FahnderInnen und Agents Provocateurs (so genannten Lockspitzeln) ist schleichend. Es ist nicht immer nachzuvollziehen, wann der jeweilige Spitzel die Tat selbst provoziert, kurz gesagt, wann die Polizei die Kriminalität selbst erzeugt.“
Während erstmals der Lauschangriff aus politischen Gründen gegen rassifizierte Wiener:innen eingesetzt wurde, kamen der §278a (Organisierte Kriminalität, „Mafiaparagraf“) und der Einsatz verdeckter Fahnder:innen bei der Bekämpfung von Tierrechtsaktivist:innen auf Grund einer übereinstimmenden Interessenlage einer politischen Polizei, privaten Kapitalinteressen und einer diesen Interessen verpflichteten Politik zur Anwendung.
Sowohl der Lauschangriff als auch die Bespitzelung der Tierrechtsaktivist:innen endeten in einem juristischen Debakel. Jedoch nicht mit für alle gleiche Konsequenzen: Die Operation Spring-Angeklagten wurden zu insgesamt 1.000 Jahren Gefängnis verurteilt. Die weißen Tierrechtsaktivist:innen wurden frei gesprochen. Der §278a wurde anschließend unter dem Druck der Öffentlichkeit etwas liberal verwässert, um die spätere Anwendung gegen Antifaschist:innen zu ermöglichen. Das Suchtgiftgesetz wurde hingegen nach einer bis dahin unbekannten polizeilichen Pressekampagne weiter verschärft. Geflüchtete Personen können darum wegen marginaler Mengen Rauschmittel der Öffentlichkeit als „Drogendealer:innen“ präsentiert werden. Der Besitz eines Smartphones und einiger Euros gelten als Beweis, den das Strafgericht auch gerne akzeptiert. Die Voraussetzung für die Deportierung ist damit geschaffen.
Recht ist nicht gleich Recht
Jason Kirkpatrick ist seit vielen Jahren in sozialen Bewegungen aktiv. So kam er 2007 mit dem britischen Spitzel „Mark Stone“ 2007 im Zuge der Vorbereitungen der G8-Gipfel-Proteste in Heiligendamm in Kontakt. Es entstand eine Freundschaft. Der Spy Cop „Mark Stone“, der mit richtigem Namen Mark Kennedy heißt, war bis zu dem Zeitpunkt als er offenbar als unzuverlässig eingestuft wurde, in unzähligen Ländern (22 sind bestätigt) eingesetzt. Nach seinen Spitzeltätigkeiten für die Polizei, diente er sich privat Unternehmen der Fleischindustrie an, um Tierrechtsaktivst:innen zu denunzieren. Kennedy, wie auch andere, missbrauchte Aktivist:innen und stiftete in den Umweltbewegungen Aktive zu Straftaten an, wie die Seite savingiceland berichtete. In Deutschland beging er sogar eine Straftat, die von den Behörden wegen „Unerheblichkeit“ nie verfolgt wurde.
Tatsächlich dürfte es eher so sein, dass die im Sommer 2007 vom Europäischen Rat verabschiedete Entschließung, um „bestehende rechtliche und praktische Hindernisse in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Bezug auf Verdeckte Ermittler“ zu identifizieren und zu beseitigen, den Weg für den Lockspitzel Mark Stone frei machte. „Die Kampagne Savingiceland kann bestätigen, dass ‚Mark Kennedy‘ als Lockspitzel / Agent Provocateur in unserem Netzwerk agierte, er forderte Aktivist:innen immer wieder auf, bei Protesten das Prinzip der Gewaltlosigkeit aufzugeben (Anm.: erfolglos), er missbrauchte das Vertrauen von Aktivist:innen mit klar ungesetzlichen Mitteln, indem er durch Vortäuschung von Zuneigung und sexuellen Präferenzen Zugänge erschlich.“
„Eine der betroffenen Frauen ist Kate Wilson, die über einen längeren Zeitraum hinweg eine Liebesbeziehung mit Kennedy unterhielt. Als ihr – vermeintlicher – Partner habe Kennedy sie in jedem ihrer Lebensbereiche bespitzelt, sagte Kate Wilson vor einigen Monaten in einer Reportage des ARD-Weltspiegels. Damit habe die Polizei gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen, gegen ihr Recht auf Privatsphäre und sie auf diese Weise auch noch erniedrigt. ‚Was sie getan haben, ist absolut grausam‘ „, schreibt die Frankfurter Rundschau.
Auch die im Wiener Neustädter Tierrechtsprozess aufgeflogene Verdeckte Ermittler:in war offenbar an einer Straftat beteiligt. In ihrem Fall war es allerdings kein Mistkübel-Demonstrationszusammenhang, sondern eine nächtliche Plakatierungsaktion, wie ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Wien zu Tage förderte. Immerhin sind in Österreich seit 1873 (der Zeit der feudalen Monarchie) Lockspitzeleinsätze verboten. Diese Untersuchung machte auch bekannt, dass der Einsatz des Polizeispitzels Danielle Durand nicht ganz nach den Buchstaben des Gesetzes ablief: Der Einsatz lief länger als er hätte dürfen, war also anscheinend sieben Monate (Januar bis Juli 2008) nicht genehmigt.
„Sie hat durchgehend teilgenommen: an allen Veranstaltungen, Basisgruppentreffen, Demonstrationen, Transparente malen, schwarzplakatieren – übrigens eine Straftat,“ wie ein Befrager im Untersuchungsausschuss festhält. Und sie hat die Gefangenen im Knast in Untersuchungshaft besucht, „um sie sicher aus dieser Szene herauszuziehen,“ wird erklärt. (Zitat: Protokoll parlamentarischer Untersuchungsausschuss Wien)
Ein bürgerlicher Tierrechtsaktivist erzählt einem rechts zu verortendem Online-Magazin:
„Darüber hinaus hatten wir privaten Kontakt, waren Essen, waren gemeinsam auf Partys und hatten einen super Draht zueinander. Am meisten mochte ich ihre direkte, lustige Art – um ehrlich zu sein mochte ich sie sehr. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass sie mir das Interesse an mir und am Aktivismus nur vorgespielt hat, ist das echt beklemmend. Nach den Verhaftungen im Sommer 2008 hat sie mich sogar im Gefängnis besucht. Damals hab ich mich so gefreut und jetzt hat das einen fahlen Nachgeschmack. […] Ich würde sie einfach fragen: Warum? Immerhin war auch ich wegen ihr mehrere Monate in Haft, habe meinen Job verloren, war in Psychotherapie, habe mein Studium abbrechen müssen und muss nun seit Monaten vor Gericht sitzen.“
Die Befragung im Untersuchungsausschuss lässt aber noch mehr Zweifel aufkommen, dass der Spitzel-Einsatz im Sinne der Gesetzgeber:in ablief. Eine Aktennotiz lässt vermuten, dass es in Wirklichkeit, um kriminalpolizeiliche Ermittlungen ging. Zitat:
„Im Rahmen von Besprechungen mit der Sokoleitung wurde der Auftrag erteilt, nach Möglichkeit Gegenstände zu sichern, um eventuell Spuren auswerten zu können, wenn die entsprechenden Genehmigungen oder Aufträge der Staatsanwaltschaft vorliegen sollten.“
Polizeispitzel zur Bekämpfung sozialer Bewegungen
Der Spitzeleinsatz gegen Tierrechtsaktvist:innen scheint nach dieser Befragung jenseits des Graubereichs. Wer deshalb auf Konsequenzen des Rechtsstaats hoffte, wurde enttäuscht. Und das verwundert auch nicht, wenn person auf die Historie der polizeilichen Repression blickt:
Ein Eigentümer einer Textilhandelskette wird in höchsten Polizeikreisen vorstellig und fordert offensichtlich ein Einschreiten gegen Anti-Pelzproteste. Die Aktionen, die Tierrechtsaktivist:innen zugeordnet werden, werden in die Nähe des Terrorismus gerückt. Damit lässt sich das gesamte verfügbare Arsenal repressiver Massnahmen in Gang setzen: Lauschangriffe, verdeckte Ermittlungen, Razzien, Untersuchungshaft, obwohl keine Beweise gefunden werden konnten. Gerüchte, die nicht verifiziert werden konnten, deuten auf eine persönliche Bekanntschaft zwischen dem Unternehmer und dem damaligen Innenminister. Ebenso stehen Vermutungen im Raum, dass die polizeilichen Massnahmen nicht zufällig in zeitlicher Nähe zu den damaligen Landtagswahlen in Tirol stattfanden. Die vor kurzem bekannt gewordenen ÖVP-Chats gewähren tiefe Einblicke in die Motivatoren der ÖVP für politische Zielsetzungen und die Gesetzesproduktion.
„Der Ursprung der Polizei. Kontrolle der Armen, Niederschlagung von Streiks und Überwachung. Die Geschichte der Polizei in Europa ist verwoben mit der Durchsetzung des Kapitalismus.“
analyse&kritik, 20. April 2021
Mohr und Viehmann schreiben in ihrem vergriffenen Buch Spitzel: „Spitzel sind für den Staat eine Erweiterung seiner Kontrollinstanzen, um Prozessen sozialer Veränderung Herr zu werden. Selbst wenn der Einsatz von Spitzeln als das Verschwinden offener Gewalt aus der gesellschaftlichen Sphäre gedeutet werden kann, so zielt sie wie jede Kriminalisierung politischer Praxis auf die Verschmelzung von Kriminalität und Revolution. Durch Spitzel kann eine Atmosphäre hergestellt werden, in der der gewaltsame Übergriff des Staates auf die sozial wie politisch Unangepassten möglich wird.“
Die Verwendung des Wortes Unangepassten scheint schlecht gewählt. Doch in Zeiten einer der tödlichsten Pandemien in der Menschheitsgeschichte, wird hier absichtslos klar gemacht, warum Corona-Nazis und Polizeien freundschaftliche Handshakes austauschen wie in Linz oder sich Kommandos geben lassen, wie im Jänner in Wien. Corona-Leugner:innen werden vom Gewaltmonopol nicht zu den Unangepassten gezählt, sondern zur gewaltbereiten Speerspitze einer Law-and-Order-Republik, die tut, was der Staat und seine Polizei (noch) nicht darf. Die herrschenden Eliten erweiterten verdeckt ihre Kampfzonen und ihre Bündnispolitik mit rechtsextremen Kadern in all ihren ekelhaften Facetten. Die insgeheime Denke wird klarer, wer den plötzlich aufgetauchten Begriff Herdenimmunität hinterfragt.
Unangepasste im Sinne von Mohr und Viehmann stehen für einen anderen Entwurf der Gesellschaft. Unangepasste stehen für ein respektvolles Miteinander, das Diskriminierungen und Ausbeutungen ausschließt. Unangepasste kennen keine Hierarchien, die durch Machtverhältnisse auf Basis von Privateigentum hergestellt werden. Unangepasste wissen, das Eigentum im Wortsinn Diebstahl bedeutet. Diebstahl der Commons. Der Raub des Guten Lebens. Die Zerstörung und Vergiftung der Lebensgrundlagen. Die Ausrottung von Tieren und Pflanzen und der anderen Vielen, denen sie sich als Wenige, dafür aber Fähige, Auserwählte überlegen fühlen.
Wer sich den Unangepassten anschließt, muss mit Gewalt rechnen. Mit polizeilicher Verfolgung, sozialer Ausgrenzung, wirtschaftlicher Vernichtung, mit Freiheitsberaubung, Verletzung der körperlichen und seelischen Unversehrtheit, sexualisierter Gewalt bis zur Ermordung, wenn du nicht der Mehrheitsgesellschaft zugeordnet wirst. Straffreiheit im Namen der Republik und der Demokratie. Was für eine Menschenverachtung!
Geboren werden, zur Schule gehen, arbeiten bis zum Umfallen und konsumieren, Tod. Die Lockdowns machten den Herdenmitgliedern klar, warum und wofür sie k-eine Daseinsberechtigung genießen: Arbeiten und schlafen oder ausgestoßen werden. So unnütz, wie eine unzählige Male zwangsgeschwängerte Milchkuh am Ende ihrer Lebenskräfte, sodass es sich nicht weiter lohnt, die versiegende Ressource auszubeuten. Der neoliberale Appell an die Eigenverantwortung, als ob gesellschaftliche Probleme von Einzelnen gelöst werden könnten. Schlachthöfe oder Intensivstationen. Herdenschicksale mit vorgegebener Endstation.
Polemisch?
Die rechtsrechte britische Regierung, die gerne Covid19-Todesopfer turmhoch gelagert sehen möchte, reagierte mit einem Gesetz auf ihre zahllosen Polizeispitzelskandale, die sich überwiegend im Umfeld von Klimaaktivist:innen ereigneten. Das Ende der Polizeispitzelkarriere von Mark Kennedy ereilte ihn während einer geplanten Besetzung des E ON (seit 2015 im Besitz von Uniper) Kohlekraftwerkes Ratcliffe-on-Soar. Mit der Covert Human Intelligence Sources bill (CHIS), der seit 1. März dieses Jahres in Kraft ist, wird der Einsatz von Verdeckten Ermittler:innen exakt geregelt. Demnach dürfen Polizeispitzel für Verbrechen, die sie in Ausübung ihrer Polizeispitzeltätigkeit begehen, nicht mehr belangt werden. Die absolute Straflosigkeit also, wenn Kapitalverbrechen, wie Vergewaltigung, Folter, Mord oder der Missbrauch von Kindern begangen werden, berichtet jacobinmag.
Dieses Polizeispitzelgesetz soll nach dem Wunsch des britischen Regimes die Police, Crime, Sentencing and Courts Bill ergänzt bzw. erweitert werden. Damit wurde das Fass zum Überlaufen gebracht. Kill The Bill-Aktivistis attackierten tage- und nächtelang Cops und Polizeiwachen und erreichten mit ihren militanten Protesten, dass das Gesetz zumindest verschoben werden musste.
Der Staat als kriminelle Organisation
Die Zeichen stehen auf Dystopie. Die wirtschaftlichen Eliten haben aus der Finanzkrise gelernt und wissen nun, dass sie mit geringem Widerstand und nur allzu oft mit viel Applaus das mediale und politische Vakuum in Besitz nehmen können, das die Orientierungslosigkeit und die daraus resultierende Handlungsunfähgikeit vieler traditioneller Akteur:innen erzeugte. Die enthemmte Skrupellosigkeit ist das neue kapitalistische Mantra. Wir erleben europaweit Polizeibrutalität, der keine Grenzen mehr gesetzt werden. Menschen auf der Flucht sterben am Rande Europas nicht mehr unbemerkt, sondern ihr Sterben wird proaktiv von Grenzpolizeien forciert. Baumbesetzer:innen werden absichtlich in Lebensgefahr gebracht. Zahllosen Menschen in Frankreich wurde bei Protesten von den Polizeien, die selbst gerne mit faschistischen Parolen auf die Straße gehen, durch Gummigeschosse und mit Dynamit gefüllten Granaten zu Krüppeln gemacht, in Deutschland wurde die Polizei systematisch von Rechtsextremen unterwandert und versorgt faschistische Terrororganisation mit Infos aus Behördendatenbanken, in Österreich versuchte das Innenministerium Polizeischüler:innen in einer Publikation zu rekrutieren, die der extremen Rechten zugeordnet wird, usw. usf.
Das kann die Polizei und sie darf es. De facto agiert sie vielerorts unter dem Schutz der totalen Immunität, der beinahe absoluten Straftlosigkeit. Nicht nur in Weißrussland, Georgien, Aserbeidschan oder der Türkei, die von der deutschen Polizei geschult wurden. Gleichzeitig wurden die wichtigsten Staatsfunktionen mit steuerbaren Mittelsmännern oder von ihnen selbst, wie in Italien, den USA oder Madagaskar, besetzt, die ihrerseits heftige Angriffe auf demokratische Kontrollinstanzen inszenierten und durchführten. Die Methoden des italienischen Faschismus funktionieren, wie Slowenien, Ungarn oder Polen zeigen, usw. usf.
Social Engineering und Computer Hacking als politische Kampfmittel
Social Hacking bzw. Social Engineering, wozu auch verdeckte Ermittlungen und Lockspitzel zu rechnen sind, werden zusammengefügt mit den neuen Möglichkeiten des technologischen Fortschritts. Erkenntnisse und Best Practices der EU-Agentur Frontex werden sukzessive im so genannten Inneren dem technologischen Inventar zur Bekämpfung von Sozialen Bewegungen hinzugefügt. Nicht nur. Wer heute einen Flughafen benützt, wird auch mit den Technologien des europäischen Grenzregimes in Kontakt kommen. Die vor wenigen Tagen von der Europäischen Union beschlossene Aushebelung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung digitaler Kommunikation ist nur eine Facette, wenn auch eine sehr weit reichende. Mit kaum abzuschätzenden Folgen für das tägliche Leben. Wem sein Aktien-Konto online leer geräumt wurde … Lucio Urtubia hätte ungeahnte Möglichkeiten.
Ignoriert von einer breiten Öffentlichkeit werden alle wesentlichen Polizeidatenbanken vernetzt und transformiert zu Big Data. Das bestehende IT-Oligopol steht hilfreich mit ihrem globalen Wissen über die Digital Natives zur Seite, wenn die staatliche Repression es wünscht – vielleicht stehen auch deshalb regelmäßig staatliche Milliardenklagen und die Nachzahlung von Steuern im Raum?
Die Vorbereitung der Dystopie kann auch in der Banalisierung von Martialität beobachtet werden. In Erinnerung sind Kolonnen von Militär-LkWs in Italien, die Leichenberge aus den Coronas-Stationen abtransportierten. In Österreich wurden im Handel, in der Logistikzentren, in Covid-Testzentren oder, mit Sturmgewehren bewaffnet, Soldat:innen bei Ausreisekontrollen aus Quarantänebezirken eingesetzt. Der zivile Teil der Bevölkerung wird zur vermeintlichen eigenen Sicherheit mit dem täglichen Anblick von Uniformen und Kriegswaffen an kommende Ereignisse und miltiarisierte Abläufe gewöhnt. Zur gleichen Zeit werden Kampfhubschrauber aufgerüstet, um den doppelten Betrag, der von den Regierenden für die Anschaffung von Covid19-Impfstoffen budgetiert wurde.
Das Spitzelwesen im Europa des 3. Jahrtausends unterscheidet sich durch nichts von Diktaturen und anderen autoritären Staatsformen, stand einleitend geschrieben? Ganz so stimmt das nicht. Der Unterschied liegt in der Totalität. Einer Totalität der Kontrolle und der absoluten Straflosigkeit des 1 % mit der das kapitalistische System die Welt überzogen hat.
Zum Weiterlesen:
Markus Mohr, Klaus Viehmann, Hg., Spitzel, Eine kleine Sozialgeschichte, Assoziation A, 2004, leider vergriffen, zum Download hier: https://www.rote-hilfe.de/downloads1/category/14-buecher?download=133:spitzel-eine-kleine-sozialgeschichte
GEMMI, Gesellschaft für Menschenrechte von Marginalisierten und MigrantInnen, 1000 Jahre Haft, Operation Spring und institutioneller Rassismus, Resümee einer antirassistischen Gruppe, Wien 2005. Hier ein Link zu den Vorgängen und Download: http://no-racism.net/rubrik/160/
Die Antifaschistische Linke Berlin [ALB] hat 2011 den Ratgeber Schöner Leben ohne Spitzel herausgegeben, zum Download hier: https://www.antifaschistische-linke.de/PDF/schoener_leben_ohne_spitzel.pdf
Region Österreich
Sendung des Anarchistischen Radio Wien über Polizeispitzel, hier auch in den letzten Minuten die Kritik am Outing von bahoe books, siehe Foto oben „Verena Maier“ bei einem ihrer letzten Auftritte innerhalb der anarchistischen Bewegung in Wien am 7. Juni 2011″
aus Rob Evans / Paul Lewis, Undercover, Die Geschichte der britischen Geheimpolizei, Bahoe Books, Wien 2016 ohne Angabe weiterer Details. – Ein Outing, wie es nicht gemacht werden sollte, findet a-radio.net https://www.a-radio.net/2017/3921
Eine der wenigen noch verfügbaren verlässlichen Quellen zum Prozess gegen Tierrechtsaktivist:innen: https://tierrechtsprozess.noblogs.org/
Protokoll eines Untersuchungsausschusses aus dem im Post zitiert wurde. www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVI/A-USA/A-USA_00003_00862/index.shtml#tab-VeroeffentlichungenBerichte
Region Deutschland
Ende März wird wieder eine Polizeispitzel-Affäre zum Gerichtsfall. Der Aktivist Jason Kirkpatrick geht gegen die Bespitzelung durch den Agent Provocateur ‚Mark Stone‘ rechtlich vor https://www.fr.de/panorama/der-feind-in-meinem-plenum-90274141.html
https://web.archive.org/web/20210213215820/http://spitzelklage.blogsport.de/
https://enttarnungen.blackblogs.org/
Spannend liest sich außerdem das Archiv von linksunten mit umfangreichen Infos zu Polizeispitzeln: https://linksunten.mirrors.autistici.org
Region Island
https://andrymi.org/spycops-exposing-undercover-policing-of-activist-movements/
https://grapevine.is/mag/articles/2013/09/10/the-mark-kennedy-saga-chapter-iceland/
https://www.savingiceland.org/2012/07/iceland-inside-the-fortress-europe-undercover-operations-controlling-unwanted-migration-and-policing-the-cyberspace/
Region UK
Kill the Bill: Interview zu den Protesten in Bristol gegen das neue Polizeigesetz https://www.aradio-berlin.org/extra-kill-the-bill-proteste-in-bristol-gegen-das-polizeigesetz/
https://www.thecommoner.org.uk/the-spy-cops-saga-and-the-eye-and-fist-of-the-state/
https://netpol.org/2021/04/13/explainer-what-does-the-new-policing-bill-say-about-restricting-protests/
https://freedomnews.org.uk/2017/12/09/son-abandoned-by-spycop-sues-police/
https://www.soapboxjournal.net/online-articles/policing-frequencies-the-uks-2021-police-crime-sentencing-and-courts-bill-and-the-politics-of-making-noise
Dispatches / Channel4 exposes the shocking story of Britain’s secret police and how undercover officers reportedly used sex and lies to spy on members of the public: https://vimeo.com/69093606
Region Frankreich
https://iaata.info/A-propos-de-la-flic-infiltree-debusquee-au-contre-sommet-du-G7-3547.html