Niemals vergessen

Am 5. Mai 1945 wurden die Gefangenen aus den Konzentrationslagern Mauthausen und den Nebenlagern Gusen von Einheiten der U.S.-Armee befreit. Das Konzentrationslager Gusen wurde zum Todeslager für mehr als 4.000 anarchistische und kommunistische Kämpfer:innen für die Spanischen Republik.

Gedenktafel mit der Inschrift: "Open Heart" In memory of the at least 420 jewish children murdered in the Gusen camps as part of the planned racial and national extermination Karen Finley with students to the (nicht lesbar)
Gedenktafel mit der Inschrift: „Open Heart“ In memory of the at least 420 jewish children murdered in the Gusen camps as part of the planned racial and national extermination Karen Finley with students to the (nicht lesbar)

Die Errichtung des KZ Gusen wurde bald nach der Machtergreifung der Nationalsozialist:innen in der Region Österreich in Angriff genommen. Obwohl eigentlich ein so genanntes Nebenlager des KZ Mauthausen agierte es zeitweise völlig eigenständig. In der nationalsozialistischen Tötungsmaschinerie wurde das KZ Gusen zu einem der grausamsten und brutalsten Todeslager. Von den ungefähr 71.000 Gefangenen wurden 36.000 ermordet. Genaue Zahlen sind nicht bekannt, weil die Nazis versuchten, alle Beweise zu vernichten. Die verfügbaren Quellen sprechen meistens von Mindestzahlen.

Am 13. September 1940 reiste der Außenminister des faschistischen Franco-Diktatur Ramón Serrano Suñer nach Berlin. Gesprächsinhalt war auch wie mit den überwiegend nach Frankreich Geflüchteten der Spanischen Republik (Stichwort: Retirada) umgegangen werden soll. Am 25. September 1940 erließen die Nazis einen Befehl über die „Behandlung reichsdeutscher und ausländischer ehemaliger Rotspanienkämpfer“. Darin wurde festgehalten, dass spanische Republikaner:innen, die als Kriegsgefangene interniert waren, der Gestapo zu übergeben sind und in Konzentrationslager überstellt werden müssen. Zudem wurde angeordnet, dass „in den besetzten Gebieten der Feindstaaten“, wozu damals auch die Region Frankreich zählte, Nazi-Einsatzkommandos Brigadist:innen festzunehmen hätten.

Kontzentrazio-esparruetara erbesteraturik izan ziren euskaldunen oroimenez. In Erinnerung an die baskischen Deportierten in die Konzentrationslager. 1940 -1945.
Kontzentrazio-esparruetara erbesteraturik izan ziren euskaldunen oroimenez. In Erinnerung an die baskischen Deportierten in die Konzentrationslager. 1940 -1945.

Das gelang bei rund 30.000. 8.000 wurden in das KZ Mauthausen verschleppt. 5.000 von ihnen wurden zur Ermordung in das KZ Gusen überstellt, der Rest auf andere Vernichtungslager verteilt. Kaum 1.000 überlebten, im Todeslager Gusen waren es vielleicht 500 Gefangene, die überlebten.

1941 betrug die Zahl der Republikaner:innen in Gusen 4.000 und machten die Hälfte aller „Neuzugänge“ aus, wie das vom Innenministerium der Republik der Republik Österreich geleitete Memorial Gusen schreibt. In den Folgejahren kam es kaum mehr zu „Einweisungen von Spaniern“. Und weiter: Beinahe 3.000 verstarben noch im Jahr 1941 in Gusen. Ende März 1043 war ihre Zahl auf etwa 500 „reduziert“.

„Das schlimmste aller Lager, die Hölle aller Höllen, das Lager des Todes, das Lager des Mordes, das Lager des Selbstmords, das Lager des Wahnsinns.“

Jean Bernard-Aldebert (1909-1974), Karikaturist, der wegen der Darstellung Hitlers als Schimpanse verhaftet und deportiert wurde.

Erst die sozialdemokratische Regierung Sánchez begann nach Jahrzehnten die Verbrechen der Franco-Diktatur aufzuarbeiten. Unter heftigem Widerstand der zahlreichen, politisch und wirtschaftlich starken, katholischen Faschist:innen und der offenen Neo-Nazis.
2019 veröffentlichte das Justizministerium Namen und Zahl der Opfer des nationalsozialistischen Terrors.
Die Pflege- und Erinnerungsarbeit für die ermordeten republikanischen Spanier:innen trägt aber bis heute der französische Staat und nicht der spanische.

„Das Öffnen der Blackbox der in Mauthausen begangenen Verbrechen, vier Jahrzehnte nach dem Ende des Militärregimes, hat eine fundamentale historische Bedeutung, aber es eröffnet auch eine Reihe unbequemer Fragen über das Erbe des Franquismus im aktuellen System. Ein System, das sich sträubt, seine Schuld gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus anzuerkennen, und das noch eine ganze Reihe von Schlössern öffnen muss, um die Mitschuld von Francos Spanien am Holocaust zu klären.“ Pablo Elorduy in El Salto Diario

Links:
Der Gefangene Republikaner Francisco Boix, der als Republikaner von der Republik Frankreich in mehreren Lagern interniert war (Argelès-sur-Mer, Vernet d’Ariege, Septfonds) schmuggelte mit Hilfe von Anna Pointner tausende Foto-Negative aus dem Vernichtungskomplex Mauthausen – Gusen. Die Fotos wurden wichtige Beweisstücke für die Verurteilungen in den Nürnberger Prozessen. Boix war auch als Zeuge im Prozess zugelassen.

Auszug aus dem Protokoll der Einvernahme:

„M. DUBOST: And what is this picture?

BOIX: Here you see the Viennese police visiting the quarry. This was in June or July 1941. The two deportees whom you see here are two of my Spanish comrades.

M. DUBOST: What are they doing?

BOIX: They are showing the police how they had to raise the stones, because there were no other appliances for doing so.

M. DUBOST: Did you know any of the policemen who came?

BOIX: No, because they came only once. We had just time to have a look at them.

The date of this picture is September 1943, on the birthday of ObersturmbannFuehrer Franz Ziereis. He is surrounded by the whole staff of Mauthausen Camp. I can give you the names of all the people in the picture.

M. DUBOST: Pass the next photo.“

https://avalon.law.yale.edu/imt/01-28-46.asp

Weitere Artikel über Francesc Boix I Campo:

https://english.elpais.com/elpais/2015/05/11/inenglish/1431348909_486618.html
https://historyrightnow.com/francesc-boix/

Gerichtliche Aufarbeitung in der Region Österreich:

„While in Austria hardly any trials of Nazi war criminals were held after the withdrawal of the Allied powers, there were a remarkable number of convictions in West and East Germany. Into the 1990s, 25 people were convicted in connection with the Mauthausen/Gusen concentration camp complex in what were often complicated trials.“
https://www.mauthausen-memorial.org/en/History/The-Mauthausen-Concentration-Camp-19381945/Prosecution-of-the-Perpetrators-in-the-Courts

Zu den Gefangenen im Vernichtunslager KZ Gusen:
Ca. 25.000 Gefangene stammten aus der Region Polen, 15.000 aus der Sowjetunion, mehr als 6.000 waren Jüd:innen, mehre Tausend aus Jugoslawien, Frankreich, Nazi-Deutschland und Italien (darunter nicht nur antifaschistische Widerstandskämpfer:innen, sondern auch Gefangene der faschistischen Mussolini-Armee)

Das Memorial wurde geplant von der mailändischen Architektengruppe BBPR die von Gian Luigi Banfi (1910 - 1945), Lodovico Barbiano di Belgiojoso (1909 - 2004), Enrico Peressutti (1908 - 1976) und Ernesto Nathan Rogers (1909 - 1969) gebildet wurde.
Das Memorial wurde geplant von der mailändischen Architektengruppe BBPR die von Gian Luigi Banfi (1910 – 1945), Lodovico Barbiano di Belgiojoso (1909 – 2004), Enrico Peressutti (1908 – 1976) und Ernesto Nathan Rogers (1909 – 1969) gebildet wurde.

Das Memorial Gusen:

Nach der Befreiuung des Vernichtungslagers Gusen wurde mit den Aufräumarbeiten begonnen. Als erste Maßnahme wurden die Bewohner:innen in der Umgebung mit dem Grauen konfrontiert.

Reginal Ashby, der 11. Armored Division:
„Ich glaube, eines der schockierendsten Dinge war die Gleichgültigkeit der zivilen Bevölkerung dem gegenüber, was im Lager vorgefallen war. Als die Leichen aus der Gaskammer gebracht und jene, die tot auf den Lagerstraßen herumlagen, abtransportiert wurdenm, ging ich in die Stadt und holte die gesamte männliche Bevölkerung, die alt oder jung genug war, um körperliche Arbeit zu verrichten, um Wägen zu bringen, Schubkarren oder was immer Sie (sic) hatten, um die Leichen abzutransportieren. Zur selben Zeit wurden (sic) die weibliche Bevölkerung und die Kinder geholt, damit sie sähen (sic), was im Lager geschehen war.“
Transkript aus einer Schautafel im Memorial Gusen

Anfang der 1960er-Jahre begann italienische Gefangene Verhandlungen, um das Grundstück auf dem sich der Krematoriumsofen befand zu erwerben. Gefangenenverbände finanzierten den Bau.

Die Architekten Gian Luigi Banfi, der am 10. April im Lager starb, und Lodovico Barbiano di Belgiojoso wurden wegen Antifaschismus und der heimlichen Verbreitung von Druckschriften verhaftet und in das KZ Gusen deportiert. Sie waren Mitglieder der als sozialliberal (kollaborierte spektrenübergreifend auch mit der anarchistisch orientierten Resistenza) geltenden antifaschistischen Gruppe Giustizia e Libertà, die 1929 gegründet und vorwiegend aus Paris aus agierte. Giustizia e Libertà war von Polizeispitzeln durchsetzt und wurde zu Beginn des 2. Weltkriegs in einer Zusammenarbeit französischer und italienischer Nachrichtendienste mit rechtsextremen Geheimkadern handlungsunfähig.

Am 8. Mai 1965 wurde es eröffnet. Heute wird das Memorial von der Republik Österreich verwaltet.

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