Staatskrisen sind immer Wirtschaftskrisen. Bankenkrisen sind immer
Wirtschaftskrisen. Und aus Wirtschaftskrisen resultieren immer soziale
Krisen.
Fast immer. Und fast überall. Immer und überall passieren im Vorfeld der Krise Machenschaften, die die Krise ins Rollen bringen, wenn sie tief genug, bis zu den zentralen Organen des Staatssystems vordringen.
Am 25. Dezember 1925 platzte die portugiesische Banknotenblase: Das Land in der Krise, war der Aufmacher eines investigativen Artikels in der Tageszeitung O Século. Einen Tag später wurde der 28-jährige Artur Virgilio Alves dos Reis auf seiner Flucht festgenommen. Kurz davor scheiterte Artur Virgilio Alves dos Reis beim Versuch die Bank von Portugal zu übernehmen. Doch bis dahin lief alles perfekt.
Artur Virgiolio Alves dos Reis, ein kleiner portugiesischer Angestellter, saß gerade wegen einer kleinen Betrügerei eine Gefängnisstrafe ab. Mit wenig Unterhaltung und viel Zeit ausgestattet, stellte er Überlegungen zu seiner Zukunft und der Zukunft Portugals an. Die Bank von Portugal war seit 1887 ermächtigt, die nationale Geldmenge und Geldausgabe zu kontrollieren, ergaben die Recherchen Alves dos Reis. Und zudem fand er heraus, dass die Bank ein Mehrfaches des Aktienkapitals an Geld ausgab, das in keinen Büchern aufschien.
Artur Alves dos Reis begann zu rechnen. An die 300 Millionen Escudos könnten in Umlauf gebracht werden, ohne Verdacht zu erregen und den zentralen Bankmechanismus zu gefährden.
Ein gefinkelter Plan
Artur Alves dos Reis präsentierte sich beim portugiesischen Minister für die Niederlande, José António Bandeira, als Beauftragter der Bank von Portugal. Seine Aufgabe sei es, für die notleidende portugiesische Kolonie Angola eine massive finanzielle Unterstützungsmaßnahme durchzuführen. Bandeira machte ihn mit dem niederländischen Finanzier Karol Marang bekannt, der auch einem Unternehmen für Gelddruck vorstand.
Danach kontaktierte Alves dos Reis William Waterlow, Vorsitzenden und Geschäfsführer des Londoner Sicherheitsdruckunternehmens Waterlow and Sons. Es gelang ihm Sir Waterlow zu überzeugen. Waterlow and Sons hatte einen aufrechten Gelddruckauftrag der Bank von Portugal und war daher auch im Besitz portugiesischer Gelddruckplatten. Alves dos Reis Auftrag sei streng geheim, da im Management der Bank von Portugal über den 1,3 Millionen Pfund-Kredit für Angola Uneinigkeit herrsche. Alle Zweifel wurden von Alves dos Reis ausgeräumt. Waterlow and Sons winkten zwei Prozent des Auftragsvolumens.
Am 4. Dezember 1924 trafen Marang und Bandeira in den Geschäftsräumlichkeiten Waterlows ein. Als Beglaubigung legten sie Sir William Waterlow eine ganze Latte an Verträgen vor, die allesamt von Alves dos Reis gefälscht worden waren. William Waterlow fragte vorsichtshalber noch beim Gouverneur der Bank nach. Die Antwort lautete: „Akzeptieren Sie den Auftrag von Marang.“ Wie Alves dos Reis den Brief Waterlows abfangen und als Gouverneur der Bank von Portugal antworten konnte, bleibt ungeklärt.
1,2 Millionen Euro echtes Falschgeld
Waterlow and Sons druckten mit den Originalplatten der Bank von Portugal 200.000 Vasco da Gama-Scheine mit der Nominale von 500 Escudo. Diese Menge entsprach der offiziell im Umlauf befindlichen Banknotenanzahl. Das entsprach einem Prozent der Wirtschaftsleistung Portugals. Marang überbrachte, ausgestattet mit diplomatischen Privilegien des Botschafters von Liberia und einem Emergency Passport von Bandeira, die frischen Banknoten an Alves dos Reis.
Dos Reis heuerte in der Stadt Porto Zangões, Geldwechsler_innen, an, die die Escudo-Scheine am Schwarzmarkt in harte Währung tauschten. Mittelsleute eröffneten in Bankfilialen Konten mit der Bareinlage der Vasco da Gama-Noten. „Echte“ Scheine behob dos Reis dann von diesen Konten am Hauptsitz der Banken. Als Erste im Zuge der Transaktionen misstrauisch wurden, führte eine Überprüfung der Scheine zu dem Ergebnis, dass an ihrer Echtheit kein Zweifel besteht. Zwischen Februar und März 1925 wurden 500 Escudo-Banknoten im Gegenwert von rund 1,2 Millionen Euro ins Land gebracht. Geld, das Alves dos Reis brauchte, um Schulden zu begleichen und sich in elitäre Zirkel einzuführen.
Ende April verkündete Artur Alves dos Reis seinen größten Coup: Die Gründung der Bank von Angola und Metropole. Mit dem Instrument der eigenen Bank sollte auch das Problem der massenhaft auftauchenden Vasco da Gama-Scheine aus der Welt geschafft werden.
Alves dos Reis konnte also weitere Pläne schmieden.
Welche Pläne? Warum flog Alves dos Reis auf? Und was hat die Europäische Zentralbank damit zu tun?
Demnächst in diesem Blogtheater.