Irrlichternde Figuren, an die Menschen glauben, bestimmen die Geschicke unserer Welt.
Am 6. Dezember setzte der Gouverneur der Bank von Portugal, Comacho Rodrigues, eine Sondersitzung ein. Das unerklärliche Auftauchen unzweifelhaft echter 500-Escudo-Scheine musste geklärt werden. Nach Übereinkunft aller Teilnehmer_innen sah man keine Möglichkeit, die echten regulären von den echten irregulären Banknoten zu unterscheiden. Als Notmaßnahme einigte sich das Board kurzerhand darauf, alle im Umlauf befindlichen 500-Escudo-Noten einzuziehen. Vor den wichtigsten Banken versammelte sich eine wütende Menschenmenge, die nur mit Polizeigewalt unter Kontrolle gehalten werden konnte.
Der Falschgeldexperte Luís Alberto Campos e Sa stellte schließlich fest, dass einige der Seriennummern doppelt vorhanden waren. An alle Banken erging darauf die Order, die 500-Escudo-Scheine nach Seriennummern zu sortieren. Langsam dämmerte das Ausmaß der Affäre. Bei Hausdurchsuchungen in den Räumlichkeiten Alves dos Reis konnten gefälschte Unterlagen sichergestellt werden, die seine Urheberschaft am größten Falschgeldschwindel der Geschichte vermuten ließen.
Artur Virgilio Alves dos Reis wurde noch am gleichen Tag verhaftet, als er auf einem Schiff das Festland in Richtung der damaligen portugiesischen Kolonie Angola verlassen wollte. Alves do Reis wurde schuldig befunden und zu zwanzig Jahren Haft verurteilt, ebenso José Bandeira. Marang wurde in den Niederlanden zu elf Monaten Gefängnis verurteilt. Hennies tauchte in Deutschland unter. Sir William Waterlow wurde von der Geschäftsführung abberufen. Die Bank von Portugal brachte den Fall vor den High Court in London. 1932 wurde vom House of Lords der Bank eine Wiedergutmachung von 610 392 Pfund zuerkannt. Waterlow and Sons verlor 1928 das Monopol zum Druck englischer Banknoten und ging in Konkurs. 2003 erwarb die Firma De la Rue das Druck-Monopol. De la Rue druckt heute für verschiedene Notenbanken, u.a. auch für die Europäische Zentralbank. 2009 wurde Waterlow and Sons aufgelöst.
Alves dos Reis wurde nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis Kaffeepflanzer in Angola und ein gläubiger Protestant. Artur Virgilio Alves dos Reis starb verarmt.
Für Portugal hatte die Banknoten-Krise weiter reichende Folgen: eine langdauernde Phase der Inflation und ein Absturz des Wechselkurses. Am 26. Mai 1926 putschten der Hauptmann José Mendes Cabeçadas, General Manuel de Oliveira Gomes da Costa und General António Óscar de Fragoso Carmona mit ihren Truppen. Fünf Tage später wich der portugiesische Präsident Bernardino Machado der militärischen Gewalt. Portugal hatte 48 Jahre lang unter einer brutalen Militärdiktatur zu leiden. Erst 1974 bereitete die Nelkenrevolution linksgerichteter Militärs dem Wahnsinn ein Ende. Ende 1975 wurde die Kolonie Angola unabhängig.
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