Anfang des Jahres schien es, als ob „Revolution“ das Wort des Jahres
2011 werden würde. In der Halbzeit stehen die Chancen für den
Mitbewerber „Ramsch“ ganz gut.
Noch um die Jahrtausendwende wurde die Einführung einer neuen europäischen Währung enthusiastisch bejubelt. Einem der stärksten Wirtschaftsräume der Welt verpasste man eine identitätsstiftende gemeinsame Währung. Nie mehr der halsabschneiderische Stopp an der grenzwertigen Geldwechselstube, lautete das schlagende Argument für nationalökonomieferne Bevölkerungsschichten.
Gute zehn Jahre später pfeifen selbst am Pisatest gescheiterte Spatzen von den Dächern: Euroland ist abgebrannt.
1997 griff in der Le Monde diplomatique Ignacio Ramonet James Tobins Idee einer Finanztransaktionssteuer auf Devisengeschäfte auf. „Will man verhindern, daß die Welt sich im 21. Jahrhundert endgültig in einen Dschungel verwandelt, in welchem die Räuber den Ton angeben, wird die Entwaffnung der Finanzmächte zur ersten Bürgerpflicht“, schrieb er angesichts der Asienkrise.
Heissa, waren die Eliten in Wirtschaft, Politik und – freilich aus eigener Überzeugung – alle aus der Kaste der Edelfedern, bestürzt, entsetzt und besorgt. Ihre Besorgnis galt allerdings mehr der geistigen Verfasstheit Ramonets.
Ramonets Gründungsvorschlag einer Bewegung „Aktion für eine Tobin-Steuer als Bürgerhilfe“ (Action pour une taxe Tobin d’aide aux citoyens – Attac) infizierte rasch weltweit unzählige Bürger_innen. Litaneiartig wurde von Befürworter_innen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer herunter gebetet und reflexartig wurde von den herrschenden Eliten vor kryptokommunistischen Tendenzen gewarnt.
Die Zeiten haben sich geändert. Ganz Europa wird Zeuge_in einer Dritte-Welt-Landisierung. In Portugal werden Schulküchen am Wochenende geöffnet, um Kindern halbwegs die Ernährung zu sichern. Und die Vereinten Nationen kritisieren, dass in Deutschland ein Viertel aller Kinder ohne Frühstück zur Schule kommt. „Ist wirklich Deutschland gemeint? Das fragt man sich gelegentlich bei der Lektüre des Berichts des UN-Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) zur Lage in der Bundesrepublik.“ (Quelle: www.derstandard.at)
Das ist kein Aufreger. Stattdessen werden mit viel Verve Scheindiskussionen um Rauchverbote geführt. „Die Bevölkerung ist nicht mehr bereit, die Raucherei zu akzeptieren. Weil sie gelernt hat, in ein Gasthaus zu gehen, ohne nachher nach Rauch zu stinken.“ (Gesundheitsminister Alois Stöger, SPÖ)
Solche Problemlagen muss man als Sozialdemokrat erst einmal erkennen.
Die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller plagen indes andere Probleme. Im Der Standard-Interview fordert sie die Besteuerung spekulativer Erlöse aus Grundstückstransaktionen. Allerdings: „Ich bin eine Befürworterin der Besteuerung des Vermögenszuwachses und nicht der Substanz.“ Warum Frau Burgstaller eine Bodensteuer auf den Vermögenszuwachs (auf Grund von Umwidmungen zu Bauland) beschränken möchte geht aus dem Interview nicht hervor.
Der Hunger auf Land wächst
Riesige Ländereien werden von Privaten, Konzernen und Staaten zur Nahrungsmittelproduktion oder zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas aufgekauft.
In Großbritannien musste die konservative Cameron-Regierung ihre Pläne zur Privatisierung der staatlichen Wälder nach heftigen Protesten abblasen. In Österreich kommt es wieder zu Anläufen die Bundesforste zu verscherbeln.
In diese Richtung deutet auch der jüngste Privatisierungs-Vorstoss von Finanzministerin Maria Fekter. In diesem Zusammenhang passt der Verkauf des Lithium-Bergwerks auf der Kärntner Koralpe von der staatlichen ÖIAG um 1 Schilling (70 Euro-Cent) an Andreas Henckel-Donnersmarck perfekt ins Bild. Henckel-Donnersmark verkaufte dieses staatliche Geschenk nun um kolportierte 10 Millionen Euro (140 Millionen Schilling) an australische Investor_innen.
Wem gehört das Land
Der Diskurs Wem gehört die Stadt gewinnt durch den rasanten Gentrifizierungsprozess in den Städten laufend Aufmerksamkeit. Dabei rückt das Land und wer darüber verfügt politisch in den Hintergrund. Erzwungene Privatsierungen in Griechenland oder Portugal sollten aber hellhörig machen.
Make Land Common Property
Henry George, der Ende des 19. Jahrhunderts in den USA lebte, vertrat bereits damals die Ansicht, dass Grund und Boden nicht Privatbesitz sein dürfen. „We must make land common property“, lautete Georges zentrale Forderung. Sein Konzept der Single Tax sah vor, dass es ausschliesslich eine Steuer geben darf, nämlich der auf Grund und Boden. Produktive Prozesse sollten hingegen nicht mehr besteuert sein. George schlug vor, die Einnahmen aus der Bodensteuer entweder dem Staat zukommen zu lassen oder ein Grundeinkommen für alle Menschen zu finanzieren oder aber, die dritte Option, eine Aufteilung zwischen Staat und Grundeinkommen zu schaffen. Die Vertreter_innen der Idee Georges, die Georgeist_innen, schlagen darüber hinaus eine Ausdehnung auf alle möglichen Gebiete des Gemeinwesens vor, wie Besteuerung der Mineraliengewinnung, der Telekommunikation, Emissionszertifikate, Fischquoten, Luftfahrtkorridore und selbst für die Nutzung des Weltraums vor.
Böden und auch Meere sind keine beliebig vermehrbaren Güter. Böden und Meere sichern unsere Ernährung und sind Grundlagen unserer Existenz.
14 Jahre nach Ramonets Forderung einer Finanztransaktionssteuer, ist diese Idee im politischen Establishment angekommen. Es ist an der Zeit, die Forderungen auszuweiten: Wir brauchen eine globale Steuer auf alle begrenzten Güter, wie Luft, Wasser und Böden.
Und zwar sofort.
Links:
http://channelhosting.co.uk/~henrygeo/landandliberty/
https://secure.wikimedia.org/wikipedia/en/wiki/Henry_george
http://www.rechtaufstadt.net/
http://savethewatertable.org/blog/