Es geht schlicht um das Prinzip. Wem der öffentliche Raum gehört, wer kann ihn, darf ihn, und wie nützen. Das ist Aushandlungssache der Nutzer_innen, Gestaltungsangelegenheit von Politik und Verwaltung, vor allem aber ist es eine Verteilungsfrage. Ein Kampf – ja, auch – um’s gute Leben.
Ungefähr zehn Prozent der gesamten Wiener Landesfläche wird dem Verkehr gewidmet. Im 15. liegt der Anteil der Verkehrsflächen an der Gesamtfläche des Bezirks bei fast 40 Prozent, während mit 300 PKW pro 1.000 Einwohner_innen die relative Zahl der Autos weit unter dem Wiener Durchschnitt liegt.
In Rudolfsheim-Fünfhaus dürfte es, wenn man die nackten Zahlen betrachtet, klar sein, welche Nutzungen den Verkehrsflächen zugeordnet werden: Breite Gehwege, bezirksweit ausgebaute Radwege und großzügige Wohnstraßen, die diesen Namen auch verdienen. Die Realität sieht freilich anders aus: Hauptverkehrsadern liegen rasterartig in Ost-West-Richtung (Linke Wienzeile bis Gablenzgasse) bzw. in Nord-Süd-Richtung (Johnstraße bis Gürtel). Dazwischen liegen attraktive Schleichwege und tagsüber ein reiches Angebot an gebührenfreien Autostellplätzen mit exzellenter Anbindung an das Wiener U-Bahnsystem.
Diese Situation ist inzwischen weit über die Stadtgrenze hinaus bekannt und zieht Automobilist_innen aus der gesamten Föderation an wie der Kuhfladen die Schmeißfliegen.
Damit soll nun Schluß sein, sagen die Heroes von den Grünen.
Nicht wegen der sinnvollen Einführung einer City-Maut, sondern auf Grund eines bezirksweit erforderlichen Parkpickerls, geht es nach dem Wunsch der Grünen. Es geht also nicht primär darum, den Anwohner_innen ihre Straßen zurückzugeben, sondern den 27.000 Autobesitzer_innen im Bezirk ein komfortables Angebot zur Luft- und Lärmbelästigung zu machen.
Grüne Kennzeichenxenophobie
Darüber wollen die Grünen mit der Bevölkerung sprechen. Und darüber kann und soll man auch diskutieren.
Schluss mit Verständigung ist allerdings dann, wenn die grüne Argumentationslinie so läuft: „Unser Bezirk ist zugeparkt. Rund ein Drittel der geparkten Autos hat kein Wiener Kennzeichen, in manchen Grätzln ist die Zahl sogar noch höher.“
Äh, worum geht es? Wer macht da statt dem Versagen der Politik die Herkunft der Kennzeichen verantwortlich? Warum brechen die Grünen einen „national“ fundierten, populistischen Chauvinismus auf ein stammesähnliches Schrebergartenniveau herab? Glauben die Wiener Grünen tatsächlich, dass mit rechten Methoden eine bessere Politik gelingt?
Dabei handelt es sich bei diesem Fauxpas um keinen grünen Ausrutscher, sondern eher um ein weltanschauliches Dilemma. Mit dem grünen Vorschlag eines Parkpickerls in Mariahilf nur für die Anrainer einer bestimmten Gasse wird xenophobe Mikrokosmospolitik nach Gutsherrenart (nur mit meiner Kutsche bis vor meine Haustüre) praktiziert.
Was kommt noch: Passierscheine für grätzlfremde Radfahrerer_innen im Cottage?
Reden wir nicht über ein Parkpickerl, fragen wir am 17. April Rüdiger Maresch einfach: Wem gehört der öffentliche Raum? Wie machen wir unsere Straßen und unsere Plätze wieder zu lebenswerten, zu unseren Orten?