Wenn der Räumung der Pizzeria Anarchia etwas Positives abgewonnen werden soll, dann sind es die Tatsachen eines surrealen Polizeieinsatzes und der geglückten politischen Agendasetzung:
Egal wohin das Auge reicht: Allerorts wird mit viel Verve, erstaunlicher Liebe zum Detail und schier unbegrenzten Budgets an der Vernichtung, Vertreibung, Inhaftierung von Alles und Allem gearbeitet, das nicht in ein atemnoteng geschnürtes Korsett einer kleinen, spießigen Welt passt.
Das erstaunt nicht wirklich. Seit Jahrhunderten läuft das Werkl. Die Eliten brocken die Suppe ein, die Massen jubeln, und die bedrohlichen, die kriminellen, die anderen Anderen sollen sie auslöffeln. Das hält in jedem Fall schadlos. Bis auf den Ausnahmefall, wenn die bösen Anderen stur und uneinsichtig sind oder sich gar erdreisten, in den Anderen, uns und unsere fürsorglichen Eliten zu sehen. Dann stehen wir vor einem veritablen Auslöffel-Problem. Da hilft kein zurück. Kein Gott. Kein Kaiser. Kein Vaterland.
Das selbstverwaltete Kulturzentrum Amerlinghaus wird von der Rot-Grünen Wiener Stadtregierung finanziell seit Jahren ausgehungert. Nun soll es Subventionen nur mehr in der Höhe der Miete geben, die direkt an die Eigentümerin des Hauses, ein SPÖ-nahes Unternehmen, überwiesen werden soll.
Die effektivste Organisationsform für militante Organisationen wie Heer oder Polizei sind Kader. Wesentliche Merkmale von Kadern sind ein transparentes, dogmatisches Regelwerk auf der formalen Ebene und die starke Identifikation mit der Gruppe, die an Stelle des Individuums tritt. Sie nennen es Geist, Corpsgeist. Der ist ein schwerwiegendes Problem (zum Nachhören ein Interview mit Manfred Nowak, ca. ab 18:10 http://www.elisabethdoderer.com/?q=node/42 bzw. hier ab 3:58 http://www.elisabethdoderer.com/?q=node/43)
Aus dem Umfeld der Grünen wird nach den Ausschreitungen der Polizei gegen antifaschistische Demonstrant_innen ein anderes Problem ausgemacht und erheben die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht von Polizist_innen. Diese entspreche den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit wird argumentiert. Manche Grüne* erheben also eine politische Forderung, die in einem Rechtsstaat, wie sie sagen, sowieso der Fall sein müsste.
Updates (siehe unten): Heute fand in Wien eine Demonstration der identitären Bewegung statt. Diese Gruppierung nutzt die Überholtheit des Verbotsgesetzes, das auf den Nazi-Restbestand nach dem 2. Weltkrieg abzielt. Ihre Propaganda übernimmt die Geisteshaltung von Nazis, radikalisiert die Standpunkte sogenannter Rechtspopulisten und packt sie in aktuelle Formen politischen Protests.
Gegen diese Nazi-Veranstaltung wurde – zwar nicht sehr breit, aber doch – mobilisiert und zu Blockaden aufgerufen. Im Vorfeld wurde in der Krawallpresse verkündet, dass die Polizei „keine besonderen Vorkehrungen“ getroffen habe. „Wenn die Demokratie die Polizei nicht mehr unter Kontrolle hat“ weiterlesen
600 Leute fanden sich zur MayDay 2014 am Wiener Columbusplatz ein, um ihrem Protest gegen die [Stadt]Politik Ausdruck zu verleihen. Inzwischen ist manifest, was vor Jahren als harmloses Projekt der Stadterneuerung begonnen wurde: Eine abgeschottete Gesellschaft, die sich im Einvernehmen mit Spekulationsgeschäften und Akkumulationsstrategien zu befinden wähnt und ihre lächerlichen Habseligkeiten mit Überwachungswahn und Polizeimethoden glaubt, absichern zu können. Doch das Nützlichkeitdogma und die damit verbunden Verwertungsstragien beginnen an den Rändern der sogenannten Mittelschicht einzudringen. „Das war 1. Mai 2014“ weiterlesen
Vitomir Jovičić Simke war sicherlich kein Großer. Wahrscheinlich nicht körperlich, aber auch nicht in dem Sinne, dass er über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gewesen wäre. Vermutlich gehörte Vitomir zu der Gruppe von Stadtbewohner_innen, die von viel zu vielen als im Wege, manchmal als hilfsbereit, zuweilen aber auch störend empfunden wird, die manchen Passant_innen Angst einflößt und sie zum Wechsel auf die andere Straßenseite bewegt.
Irgend etwas war an Vitomir Jovičić angeblich anders.
Wenn Wagenplatz-Gruppen und Hausbesetzer_innen gemeinsam auf die Straße gehen, kämpfen sie unmissverständlich für ihre Rechte. Doch dahinter steckt weit mehr. Wagenplätze und Hausbesetzer_innen treffen den Kapitalismus dort, wo niemand hinsehen mag: Den ungerechten Eigentums- und Herrschaftsverhältnissen.
Ihre Forderungen nach einem selbstbestimmten Platz auf dieser Welt, in dieser Stadt, kratzen radikal vandalisierend an dieser bunten Fassade der Wohnraumverbesserer_innen, der Grätzlaufwerter_innen, der Immobilienspekulant_innen, der Raum- und Stadtplaner_innen, den Hypothekarbankster_innen, kurzum: Sie bearbeiten mit groben Klötzen das gedankliche Fundament der kapitalistischen Demokratie. „Wir bleiben alle – Wagenplatz-Pizzeria Anarchia“ weiterlesen
Heute jährt sich der austrofaschistische Putsch zum 80. Mal. Geschichte wiederholt sich nicht, dennoch sind die Parallelen zum hier und heute mehr als evident. Sicherheitskräfte werden auf Menschen, die sich gegen Faschismus engagieren, gehetzt, Repression und Überwachung sind allgegenwärtig.
Grund genug, einen Text der Roten Hilfe aus 1934 in Erinnerung zu rufen.
„Merkblatt der österreichischen Roten Hilfe über Verhalten gegenüber Polizei und Gericht
DÖW E 19.279
Ich liebe Bilderrätsel. Die Suchbilder im Wiener Journal, der Wochenendbeilage der offiziellen Tageszeitung der Republik Österreich Wiener Zeitung, zählen zu den feinsten.