Nicht nur Rechte, sondern selbst bestimmte Rechte

Das ideologische Fundament Europas: "In Freiheit leben oder sterben." (Graffiti am Mémorial De La Marseillaise)
Das ideologische Fundament Europas: „In Freiheit leben oder sterben.“ (Graffiti am Mémorial De La Marseillaise)

Vorbemerkung: Die Publikation dieses Blogposts wurde auf Grund heftiger Kritik über die Wiedergabe rechter Hass-Sprache zurückgestellt. Gegenwärtige Vorkommnisse, wie #MerkelStreichelt oder Bayerns innenministerielle Zumutung, führten zur Revidierung dieser Entscheidung. Einige Zitate wurden dennoch gelöscht.

 

Die Hetze geht um in Europa. Seit Jahrzehnten.

Menschen, die nichts anderes tun, als ihr Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit, ihr Recht auf die freie Wahl ihres Aufenthaltsortes, ihr Recht auf ein gutes Leben auszuüben, werden erkennungsdienstlich behandelt. Ihre persönlichen und biometrischen Daten werden gegen ihre Einwilligung in Polizeidatenbanken bis in alle Ewigkeit gespeichert. Sie werden ihrer persönlichen Freiheit beraubt, werden gedemütigt, erfahren rassistische Diskriminierung durch staatliches oder privates Gefängnis- und Polizeipersonal und werden Gewalterfahrungen unterworfen bis hin zur ihrer Ermordung.
Diese Verrohung eines Kontinents, der sich als die Erfinderin der Menschenrechte, der Aufklärung, von Freiheit, Gleichheit … sieht, passiert nicht innerhalb von ein, zwei, zehn Jahren. Für große Umwälzungen wie die freiwillige Preisgabe eines paternalistischen Sozialstaatssystems hin zu einem System des Rechts des ökonomisch Stärkeren, der freiwilligen Aufgabe der bürgerlichen Freiheiten zum Schutz des Individuums vor einem allmächtigen Staat hin zu einer lückenlosen Überwachungsgesellschaft, braucht die Inszenierung von Bedrohungen, verdummender Propaganda und bereitwilligem Medienwirbel.

Vor 29 Jahren, am 28. Juli 1986, erschien das auch von Wikileaks wegen seiner Seriösität geschätzte deutsche Magazin Der Spiegel mit folgender Titelstory: „Asyl – Bis an die Grenze des Zulässigen“. Im Teaser wird festgestellt, dass hunderte von Flüchtlingen „Einlass“ in die Republik „begehren“, und gefragt, ob es genüge die Grenzen dicht zu machen, oder ob es reiche das Grundgesetz auf Asyl zu ändern.

Die Story ist voll von rassistischen Vorurteilen, einer Zurschaustellung kolonialer Überheblichkeit, heteronormativen Platitüden, Kriminalisierung und Dämonisierung von Flüchtenden konterkariert mit bildungsbürgerlicher, humanistisch verbrämter Kritik an konservativen Scharfmacher_innen aus dem christlich-sozial-unioniertem Lager.

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Das Angst- und Todes-Universum einer mörderischen, verwüstenden Zivilisation

Those are the 'lucky' ones - Unterkunft von Flüchtenden im Hafen von Neapel
Those are the ‚lucky‘ ones – Unterkunft von Flüchtenden im Hafen von Neapel

Meine Nachbar_innen meines kleinen Universums sind 28 an der Zahl. Alle zeigten sie sich tief schockiert über die weiteren 800 Todesopfer. Opfer ihrer nachbarschaftlichen Verfasstheit. Opfer eines willkürlichen Regelwerks, das sie sachlich gerechtfertigt, alternativlos und ein klein wenig opportun betrachten.
Ihre Spin-Ärzt_innen fügten rasch Termine in den Kalender. Gedenkveranstaltungen. Schweigeminuten. Trauer und Betroffenheit. War auch eine Träne dabei?
Dem Schock folgte Tatendrang. Das Sterben an den mediterranen Urlaubsghettos müsse ein Ende haben.

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Die Gesiba und das Bleiberecht für alle

Sticker: Überhöhte Mieten? Vermieterterror? - Enteignung!
Sticker: Überhöhte Mieten? Vermieterterror? – Enteignung!

Wie derStandard.at berichtet, wurde ein Mieter von seiner Hausverwaltung aufgefordert, am Fenster geklebte Buchstaben, die sich „Bleiberecht für alle“ lesen, zu entfernen. Der Mieter Gerd Valchars brachte diese nach eigenen Angaben bereits 2008 an. Zwei Jahre später wurde auf diesem Blog ein Foto verwendet, das seine Forderung dokumentierte.
Verstörend an dieser Story ist, dass die Hausverwaltung Gesiba, die die „umgehende Entfernung“ der „öffentlich sichtbaren, politischen Parole“ verlangt,  historisch eng mit der fortschrittlichen „Siedler*bewegung“ verknüpft ist.
Anlässlich der Gründung der Gemeinwirtschaftlichen Siedlungs- und Baustoffanstalt (Gesiba) im September 1921 verkündete ihr erster Präsident Julius Deutsch:

„[…] soeben [ist] eine Organisation ins Leben gerufen worden, die für die Zukunft der Arbeiterbewegung und des Sozialismus bedeutsam werden kann.“
(Quelle: Helmut Weihsmann, Das Rote Wien).

Die Entfernungsaufforderung der Bleiberecht-Botschaft kommt just nach dem Wochenende, an dem die erzkonservative Die Presse titelte: Die Rückkehr des Roten Wien.
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Fernand Melgar und Monika Mokre im Gespräch zur Situation von Geflüchteten in Europa

„Es ist ein Krieg. Ein stiller Krieg“, sagte der Filmemacher Fernand Melgar über die Migrationspolitik Europas anlässlich der Präsentation seines Filmes Vol Spécial („Ausschaffungsflug“ oder „Abschiebeflug“) über die menschenunwürdige Situation von Refugees in einem Schweizer Abschiebeknast im Wiener Filmcasino.

Dieser „stille Krieg“ gegen Flüchtende und Migrant_innen hat viele unterschiedliche Nuancen: Unterlassene Hilfeleistung und Push-Backs im Mittelmeer, Haft, Kriminalisierung, Drangsalierung und offener Hass am europäischen Kontinent.

Wir erinnern uns daran, dass die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Zuge der Verfolgung von Refugees wegen angeblicher Fluchthilfe folgendes von sich gab: „Wenn es etwa Probleme mit schwangeren Frauen auf der Schlepperroute gab, dann wurden diese Frauen hilflos auf der Route zurückgelassen.“ (Quelle: orf.at).

Wir erinnern uns daran, dass das Bundeskriminalamt damals von Ermittlungen gegen eine „große kriminelle Organisation“ sprach.

Wir erinnern uns daran, dass einige Refugees, die kommenden Donnerstag von einer gerichtlichen Verurteilung bedroht sind, aktiv an den Wiener Refugee Protesten beteiligt waren, und dass die Innenministerin auf mehr als nur berechtigte Forderungen wie Bewegungsfreiheit oder Arbeitsmöglichkeiten mit beharrlicher Verweigerung reagierte.

Und wir erinnern uns daran, dass im Zuge einer politisch fehlgeleiteten Islamismuskritik, die zum größten geheimpolizeilichen Einsatz in der Geschichte der Republik führte, ebenjene Innenministerin davon sprach, dass Repression notwendig sei.

Im folgenden ein übersetztes Transkript eines Gesprächs zwischen Fernand Melgar und Monika Mokre, initiiert von KulturHorizonte vom 12. Oktober 2013.

Read more from the discussion between Fernand Melgar and Monika Mokre, organized by KulturHorizonte on 12 October 2013. English version (short) below:

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Begegnungen in Riace

Kein Rassismus - No Razzismo. Aufdruck auf dem Riace Euro
Kein Rassismus – No Razzismo. Aufdruck auf dem Riace Euro

Eine der vielen europäischen Krisen stellt das Konstrukt der Immigrationskrise dar. Wenn Zehntausende auf dem Weg nach Europa sterben, ist die Krise keine Flüchtlingskrise, sondern, wie alle anderen Krisen, eine politische Krise.

Die Gründe für den lebensgefährlichen  Weg nach Europa sind vermutlich so vielfältig, wie die Menschen, die ihn beschreiten. Die kausalen Gründe liegen in einem nach wie vor wirksamen nördlichen Kolonialismus, in ungehemmter Ausbeutung von Ressourcen mit unabsehbaren ökologischen Folgen, Wirtschaftsbeziehungen, die Not und Elend verstärken, Koalierungen mit korrupten Oligarchien und feudaler militärischer Durchsetzung geopolitischer Interessen. Die europäischen Eliten sind weder fähig, das Sterben an den EU-Grenzen zu beenden, noch besteht der Wille,  diese gegenwärtige Form, die nur von Europäer_innen als sublime Fortsetzung einer imperialistischen „Tradition“ gelesen werden kann, zu beenden.

Zu groß sind die Vorteile für die Festung Europa, wenn dieses mordende Grenzregime aufrecht erhalten wird. Zu überzeugend sind die niedrigen Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse wie Gemüse und Obst, das von einem auf Illegalisierung von Menschen ausgelegtem Rechtssystem, die auf Grund der Schöpfung eines vollkommen entrechteten, im besten Fall informell tagelöhnerischen Subproletariats möglich werden. Menschen werden zur kapitalistischen Verschubmasse gemacht, deren Voraussetzung die Entsolidarisierung und ein ausgeblendetes Klassenbewusstsein sind.

Doch es geht auch anders. In Süditalien, das nach wie vor von den ökonomischen und sozialen Strukturen der Mafia dominiert wird, liegt das Dorf Riace in dem ein Entwurf für ein antirassistisches Europa ohne Fremdenhass skizziert wird, berichten europäische Medien.

Aber wie sehen das die Refugees von Riace? „Begegnungen in Riace“ weiterlesen

Solidarität mit dem Refugee Protest Wien!

International Elevate Award: "This award is not only for us, this award is for all people who fight for human rights."
International Elevate Award: „This award is not only for us, this award is for all people who fight for human rights.“

Der Kampf der Wiener Refugees ist erneut in einer kritischen Phase. Verlassen von Politik und Caritas sind sie in der Akademie der Bildenden Künste auf die Unterstützung der Zivilgesellschaft angewiesen. Seitens der Rektorin Eva Blimlinger wurde den Aktivist_innen des Refugee Protest Camp eine Frist bis morgen Montag gestellt. Es ist völlig unklar, ob am Montag ein Polizeieinsatz droht.

Erfreuliches gibt es aus Graz zu berichten. Das Refugeeprotest Camp Vienna erhielt am letzten Oktobersonntag im Rahmen des Elevate-Festivals den International Elevate Award 2013 vom Wikileaks-Aktvisten Jacob Appelbaum überreicht.

In seiner Laudatio fand Appelbaum auch klare Worte für die österreichische Politik:
„Der Umgang mit dem Refugeeprotest Camp Vienna ist ein unglaubliches Beispiel für Rassismus und Klassismus in Europa.“
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Refugees – Raus aus dem Abschiebelager

Riot Police-Einheiten bewachen bei der Räumung der besetzten Votivkirche einen Erdhügel
Riot Police-Einheiten bewachen bei der Räumung der besetzten Votivkirche einen Erdhügel

Mit einer spontanen Besetzung eines renovierungsbedürftigen kirchlichen Bauwerks machten heute die Wiener Refugees auf ihre unhaltbare Situation aufmerksam.

Weder nehmen österreichische Behörden weder EGMR-Entscheidungen zur juristischen Kenntnis, noch ist die österreichische Politik in der Lage, realpolitische Beurteilungen der menschenrechtlichen Situation in Pakistan vorzunehmen. Inkompetenz wurde schon mal sorgfältiger kaschiert.
„Refugees – Raus aus dem Abschiebelager“ weiterlesen

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