Das Friedel54 Kollektiv reiste nach Wien um mit dem Wiener Immobilieninvestor Citec Immo Invest GmbH ein Gespräch zu suchen. Die Mieter_innen der Friedel54 sollen durch Mieterhöhungen von bis zu 200 Prozent aus dem Haus gedrängt werden, so das Kollektiv, dem im Haus befindlichen Kiezladen wurde der Vertrag bereits gekündigt.
Vorbemerkung: Die Publikation dieses Blogposts wurde auf Grund heftiger Kritik über die Wiedergabe rechter Hass-Sprache zurückgestellt. Gegenwärtige Vorkommnisse, wie #MerkelStreichelt oder Bayerns innenministerielle Zumutung, führten zur Revidierung dieser Entscheidung. Einige Zitate wurden dennoch gelöscht.
Die Hetze geht um in Europa. Seit Jahrzehnten.
Menschen, die nichts anderes tun, als ihr Menschenrecht auf Bewegungsfreiheit, ihr Recht auf die freie Wahl ihres Aufenthaltsortes, ihr Recht auf ein gutes Leben auszuüben, werden erkennungsdienstlich behandelt. Ihre persönlichen und biometrischen Daten werden gegen ihre Einwilligung in Polizeidatenbanken bis in alle Ewigkeit gespeichert. Sie werden ihrer persönlichen Freiheit beraubt, werden gedemütigt, erfahren rassistische Diskriminierung durch staatliches oder privates Gefängnis- und Polizeipersonal und werden Gewalterfahrungen unterworfen bis hin zur ihrer Ermordung.
Diese Verrohung eines Kontinents, der sich als die Erfinderin der Menschenrechte, der Aufklärung, von Freiheit, Gleichheit … sieht, passiert nicht innerhalb von ein, zwei, zehn Jahren. Für große Umwälzungen wie die freiwillige Preisgabe eines paternalistischen Sozialstaatssystems hin zu einem System des Rechts des ökonomisch Stärkeren, der freiwilligen Aufgabe der bürgerlichen Freiheiten zum Schutz des Individuums vor einem allmächtigen Staat hin zu einer lückenlosen Überwachungsgesellschaft, braucht die Inszenierung von Bedrohungen, verdummender Propaganda und bereitwilligem Medienwirbel.
Vor 29 Jahren, am 28. Juli 1986, erschien das auch von Wikileaks wegen seiner Seriösität geschätzte deutsche Magazin Der Spiegel mit folgender Titelstory: „Asyl – Bis an die Grenze des Zulässigen“. Im Teaser wird festgestellt, dass hunderte von Flüchtlingen „Einlass“ in die Republik „begehren“, und gefragt, ob es genüge die Grenzen dicht zu machen, oder ob es reiche das Grundgesetz auf Asyl zu ändern.
Die Story ist voll von rassistischen Vorurteilen, einer Zurschaustellung kolonialer Überheblichkeit, heteronormativen Platitüden, Kriminalisierung und Dämonisierung von Flüchtenden konterkariert mit bildungsbürgerlicher, humanistisch verbrämter Kritik an konservativen Scharfmacher_innen aus dem christlich-sozial-unioniertem Lager.
Meine Nachbar_innen meines kleinen Universums sind 28 an der Zahl. Alle zeigten sie sich tief schockiert über die weiteren 800 Todesopfer. Opfer ihrer nachbarschaftlichen Verfasstheit. Opfer eines willkürlichen Regelwerks, das sie sachlich gerechtfertigt, alternativlos und ein klein wenig opportun betrachten. Ihre Spin-Ärzt_innen fügten rasch Termine in den Kalender. Gedenkveranstaltungen. Schweigeminuten. Trauer und Betroffenheit. War auch eine Träne dabei? Dem Schock folgte Tatendrang. Das Sterben an den mediterranen Urlaubsghettos müsse ein Ende haben.
„Es ist ein Krieg. Ein stiller Krieg“, sagte der Filmemacher Fernand Melgar über die Migrationspolitik Europas anlässlich der Präsentation seines Filmes Vol Spécial („Ausschaffungsflug“ oder „Abschiebeflug“) über die menschenunwürdige Situation von Refugees in einem Schweizer Abschiebeknast im Wiener Filmcasino.
Dieser „stille Krieg“ gegen Flüchtende und Migrant_innen hat viele unterschiedliche Nuancen: Unterlassene Hilfeleistung und Push-Backs im Mittelmeer, Haft, Kriminalisierung, Drangsalierung und offener Hass am europäischen Kontinent.
Wir erinnern uns daran, dass die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Zuge der Verfolgung von Refugees wegen angeblicher Fluchthilfe folgendes von sich gab: „Wenn es etwa Probleme mit schwangeren Frauen auf der Schlepperroute gab, dann wurden diese Frauen hilflos auf der Route zurückgelassen.“ (Quelle: orf.at).
Wir erinnern uns daran, dass das Bundeskriminalamt damals von Ermittlungen gegen eine „große kriminelle Organisation“ sprach.
Wir erinnern uns daran, dass einige Refugees, die kommenden Donnerstag von einer gerichtlichen Verurteilung bedroht sind, aktiv an den Wiener Refugee Protesten beteiligt waren, und dass die Innenministerin auf mehr als nur berechtigte Forderungen wie Bewegungsfreiheit oder Arbeitsmöglichkeiten mit beharrlicher Verweigerung reagierte.
Und wir erinnern uns daran, dass im Zuge einer politisch fehlgeleiteten Islamismuskritik, die zum größten geheimpolizeilichen Einsatz in der Geschichte der Republik führte, ebenjene Innenministerin davon sprach, dass Repression notwendig sei.
Im folgenden ein übersetztes Transkript eines Gesprächs zwischen Fernand Melgar und Monika Mokre, initiiert von KulturHorizonte vom 12. Oktober 2013.
Read more from the discussion between Fernand Melgar and Monika Mokre, organized by KulturHorizonte on 12 October 2013. English version (short) below: