Am 10. Januar 1933 wurde in dem andalusischen Dorf Casas Viejas der libertäre Kommunismus ausgerufen. Der Großgrundbesitz wurde auf die Tagelöhner_innen aufgeteilt. Die Armut, der Hunger und die soziale und ökonomische Gefangenschaft schienen besiegt.
88 Jahre später hat sich wenig geändert. Die Latifundien gehören so wie damals dem Großgrundbesitz der adeligen Familie Mora Figueroa Dómeq. Am Acker arbeiten Tagelöhner_innen aus dem Dorf ohne Maschinen. Hier wird so weit das Auge reicht ökologischer Landbau betrieben. 34 Euro für sieben Stunden Handarbeit am Feld. „Sozialversichert, weil das sei in der Europäischen Union Vorschrift“, sagt Salustiano Gutiérrez. „Das ist der einzige Unterschied zu damals.“
Das Leben hat keinen Sinn, wenn wir nicht für andere kämpfen
In Erinnerung an Soumaila Sacko, Landarbeiter, Gewerkschaftsaktivist, Refugee.
Ermordet einen Tag nach der rechtsextremen Machtübernahme in Italien. Rest in Power!
Als wir Óscar Reina treffen, kommt er gerade von einer Besetzung der Biologischen Station im Nationalpark Doñana, wo zwei Genoss_innen gekündigt wurden. „Es hat sich gezeigt, wenn wir Direkte Aktionen durchführen, wenn wir kämpfen, erreichen wir unsere Ziele.“ Denn es sieht danach aus, dass die Compas wieder eingestellt werden, zeigt sich der Generalsekretär der andalusischen Gewerkschaft SAT (Sindicato Andaluz de Trabajadores – Andalusische Arbeiter_innen und Arbeitslosen-Gewerkschaft) zuversichtlich.
Das ist nur ein Beispiel von vielen Kämpfen der SAT, die ursprünglich als eine Gewerkschaft der landlosen Landarbeiter_innen gegründet wurde. Heute kämpfen zwischen 20.000 und 30.000 Aktivist_innen für ein „alternatives Gesellschaftssystem“. Die Überwindung des Kapitalismus mit friedlichen Mitteln, wie Óscar betont, ist nämlich das erklärte Ziel der Gewerkschafter_innen. Spektakuläre Enteignungen von zehn Einkaufswägen mit Schulsachen aus einer Carrefour -Filiale zu Schulbeginn gehören ebenso zum aktionistischen Repertoire wie Landbesetzungen. Die SAT greift damit auf die alte andalusische Tradition der Propaganda der Tat zurück. Denn die SAT erreicht damit viel Zustimmung und steigert ihre Sympathiewerte. Bei den Padrones, den Großgrundbesitzer_innen und der Politik einmal ausgenommen.
Die Gesiba und das Bleiberecht für alle
Wie derStandard.at berichtet, wurde ein Mieter von seiner Hausverwaltung aufgefordert, am Fenster geklebte Buchstaben, die sich „Bleiberecht für alle“ lesen, zu entfernen. Der Mieter Gerd Valchars brachte diese nach eigenen Angaben bereits 2008 an. Zwei Jahre später wurde auf diesem Blog ein Foto verwendet, das seine Forderung dokumentierte.
Verstörend an dieser Story ist, dass die Hausverwaltung Gesiba, die die „umgehende Entfernung“ der „öffentlich sichtbaren, politischen Parole“ verlangt, historisch eng mit der fortschrittlichen „Siedler*bewegung“ verknüpft ist.
Anlässlich der Gründung der Gemeinwirtschaftlichen Siedlungs- und Baustoffanstalt (Gesiba) im September 1921 verkündete ihr erster Präsident Julius Deutsch:
„[…] soeben [ist] eine Organisation ins Leben gerufen worden, die für die Zukunft der Arbeiterbewegung und des Sozialismus bedeutsam werden kann.“
(Quelle: Helmut Weihsmann, Das Rote Wien).
Die Entfernungsaufforderung der Bleiberecht-Botschaft kommt just nach dem Wochenende, an dem die erzkonservative Die Presse titelte: Die Rückkehr des Roten Wien.
„Die Gesiba und das Bleiberecht für alle“ weiterlesen
Geht und nehmet euch das Land
Aus Anlass der Räumung der Landbesetzung der SoliLa.
„Aber wie eine Zeit gekommen war, wo die Menschen die schlimmen Folgen der Leibeigenschaft erkannten und an der Gerechtigkeit und Notwendigkeit der Gesetze, die diese Institutionen erhielten, zu zweifeln begannen, ebenso muss man auch jetzt, wo die schlimmen Folgen der jetzigen wirtschaftlichen Ordnung offenbar werden, unwillkürlich an der Gerechtigkeit und Notwendigkeit der Gesetze zweifeln, die diese Folgen gezeitigt haben: der Gesetze über den Boden, die Steuern und das Eigentum.“ Leo Tolstoi
Dieser Zweifel muss überall gestreut werden, egal ob die vermeintlichen Besitzer_innen von Grund und Boden bzw. ihre Vertreter_innen Erb-Adelige, Arbeiter_innen-Adelige oder Bobo-Adelige sind.
„Geht und nehmet euch das Land“ weiterlesen
Aktuelle Besetzungen in Wien
In Wien, der gemütlichsten aller Provinzstädte der Welt, finden derzeit zwei Besetzungen statt, die unterschiedlicher nicht sein könnten. In der Strozzigassse wird von einer feministischen Gruppe ein Haus in Citynähe besetzt gehalten. Am Drygalskiweg, unweit vom Gentrifizierungshotspot Alte Donau, findet eine Landbesetzung statt.
Beide Besetzungen brauchen Unterstützung.
Die Folgen des Versagens der Politik und die Vernichtung öffentlicher Gelder zur ‚Bankenrettung‘ (bislang an die 5 Milliarden, mit Option zur Vervielfachung) sind spürbar, der konkrete Widerstand gegen diesen Raubzug manifestiert sich zunehmend auch im Kern der Eurozone.
„Aktuelle Besetzungen in Wien“ weiterlesen
Fürstliches land grabbing
Die Sklav_innen wurden befreit, das Land dafür versklavt, beschreibt der brasilianische Soziologe Jose de Souza Martins das 1850 beschlossene Gesetz Lei Terras No. 601, das den privaten Landbesitz regelt.
Brasilien zählt heute noch immer zu den Ländern mit der ungleichsten Verteilung an Grund und Boden. Während 3/4 der Kleinbäuer_innen nur 1/8 des Landes besitzen, freuen sich 0,8 Prozent Großgrundbesitzer_innen über fast 1/3 des Landes.(Quelle: CETRI – Centre Tricontinental)